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Hunde-Sozialisierung während der Pandemie: Wie der Gassi-Service helfen kann

Mehr Homeoffice, weniger unterwegs, mehr daheim - die Bedingungen während der Pandemie scheinen optimal, um einen Hund in die Familie zu holen. Theoretisch stimmt das natürlich. Wäre da nicht ein wichtiger, oft unterschätzter Haken: Die Sozialisierung ist aktuell umso schwieriger, aber trotzdem entscheidend für ein glückliches Hundeleben. Wie geht man damit am besten um?

Sozialisierung - wieso, weshalb, warum?
Bevor wir uns das Thema genauer anschauen, will ich kurz erklären, worum es eigentlich geht: Die Sozialisierung ist eine Lernphase, in der ein junger Hund besonders schnell und intensiv Erlebnisse mit seiner Umwelt wahrnimmt und abspeichert. Positive Erlebnisse sind jetzt wichtig, um den eigenen Hund möglichst angstfrei und stressresistent aufzuziehen. Negative oder fehlende Erfahrungen hingegen sorgen dafür, dass der Hund späten mit entsprechenden Situationen weniger gut und entspannt umgehen kann. Das kann zu allerhand Problemen im weiteren Lebenslauf führen.

Die Natur hat sich bei dieser Lernphase natürlich etwas gedacht: Der junge Hund soll möglichst gut auf genau das Leben vorbereitet werden, dass ihn erwartet. Aber auch ältere Hunde brauchen bei neuen Lebensbedingungen (zum Beispiel nach einem Besitzerwechsel oder Umzug) eine Art "Neu-Sozialisierung", um sich an die Gegebenheiten gewöhnen zu können.

Wir Menschen müssen darauf achten, dass unsere Familienhunde diese wichtigen Erfahrungen sammeln können.

 

Die Pandemie macht es Junghundehaltern schwerer als sonst

Doch durch die Schließung der Hundeschulen und die Einschränkungen im sozialen Leben bekommen wir aktuell kaum ausreichende Möglichkeit dazu, unsere Hunde an die Umwelt, Begegnungen und Situationen aller Art zu gewöhnen. Dabei ist das so wichtig – gerade in den ersten Lebensmonaten.

Kontakte zu verschiedenen Menschen, jungen und alten, aber auch zu anderen Tieren und verschiedensten Artgenossen sind eigentlich ein Muss. Begegnungen mit Radfahrern, Passanten, Joggern, Fahrzeugen, Autofahren, Tierarztbesuche,… All das gehört dazu.

Doch besonders die positiven Erlebnisse mit sozialkompetenten Hunden aller Art sind im Moment schwierig zu finden. Wir Menschen halten uns voneinander fern und so ergeben sich weniger Begegnungen mit Hund. Statt vorab klären zu können, ob der fremde Hund junge Hunde mag, wird auf gut Glück die Leine abgemacht oder – im anderen Extrem - der Welpe gar nicht mehr an andere Hunde herangelassen. Beides ist keine sinnvolle Lösung!

 

Um wirklich gutes Sozialverhalten zu erlernen, brauchen die Hunde nämlich nicht nur passende, freundliche Hunde, sondern vor allem auch genügend Zeit mit diesen angenehmen Artgenossen. Unter Zeitdruck und in Hektik ergeben sich kaum gute Kontakte!

 

Die notwendige Zeit hat man leider bei Begegnungen, die man privat und spontan findet, nicht immer, da die Kontakte oft ohne genug Kenntnisse über den Fremdhund entstehen und schnell wieder vorbei sind. Vielen Hundehaltern ist auch schlicht unbekannt, dass erwachsene Hunde gar nicht so gern mit jungen Hunden beschäftigen und sich schnell bedrängt von den wuseligen Welpen fühlen. So kommt es dazu, dass sie schneller mit Aggression reagieren – und schon gibt es die ersten schlechten Erfahrungen für den jungen Hund. (Grundsätzlich muss kein Hund jeden Hund mögen!)

Für Junghunde-Besitzer wichtig zu beachten:

  • In der Sozialisierungsphase ist ein junger Hund besonders offen für Erfahrungen mit der Umwelt. Diese Zeit darf nicht ungenutzt verstreichen!
  • Welpenschutz gibt es nicht und viele erwachsenen Hunde mögen keine mit fremden Welpen.
  • negative Erfahrungen können sich bereits im jungen Alter tief einbrennen und langanhaltende Verhaltensprobleme und Ängste nach sich ziehen.
  • Eine negative Erfahrung braucht zahlreiche positive „Gegenerfahrungen“, um ausgeglichen zu werden.
  • Keine Kontakte bedeutet auch keine Sozialkompetenz und fehlende Erfahrungen!
  • Positive Erlebnisse im geeigneten Umfeld sind wichtig, damit der Welpe von kompetenten Hunden lernen kann!
  • Eine gute Sozialisierung bereitet den Hund auf sein Hundeleben vor und verhindert unnötigen Stress.

Gassi-Betreuung als Alternative

Eine Möglichkeit, in entspannter Umgebung, gut angeleitet und mit sozialkompetenten Hunden in Kontakt zu kommen, ist der Gassi-Service. Hier haben junge (und alte) Hunde die Möglichkeit, gute Erfahrungen zu sammeln und Freundschaften aufzubauen.

 

Ich habe deshalb schon immer im Gassi-Service junge Hunde dabei. Mein eigener Hund ist bereits mit 14 Wochen in der Gruppe mitgelaufen und hatte ausreichend Kontakte zu anderen Hunden, sodass er heute einen sehr sozialen Umgang mit so gut wie jedem Hund zeigt.

 

Bei den Welpen und Junghunden geht es also nicht in erster Linie darum, dass sie eine Betreuung brauchen, sondern hier haben die Besitzer und ich als Sitter den Fokus auf die Sozialisierung, die wir individuell und sinnvoll gestalten können.

Was junge Hunde im Gassi-Service lernen

Bisher habe ich in 9 Jahren auch die Erfahrung gemacht, dass Welpen und Junghunde sehr gut in die Gruppe zu integrieren sind. Die anderen Hunde, die schon lange dabei sind, sind erfahren und zeigen erst mal kein großes Interesse an den Neulingen, sodass diese ganz in Ruhe bei uns ankommen können. Sie werden nicht belagert, überlaufen oder überfordert, sondern sie können in ihrem eigenen Tempo entscheiden, wie viel Kontakt sie haben mögen und wann sie bereit sind zu spielen oder nicht.

Die jungen Hunde nehmen ganz automatisch viel aus der Gruppe mit, werden aber nicht überfordert. Sie können ihr Sozialverhalten verbessern, ihre Kommunikation verfeinern und werden sicherer im Umgang mit diversen Umweltreizen. Gleichzeitig lernen sie auch, dass andere Hunde nicht immer Spiel und Spaß bedeuten, sondern eben auch, dass man mit anderen Hunden auch ruhig nebeneinander schnüffeln kann.

 

Die Begegnungen mit anderen Hunden, aber auch mit Joggern, Radfahrern oder Spaziergängern üben wir täglich auf unseren Runden. Die Junghunde lernen von den anderen Hunden wie sie mit diesen Situationen umgehen und lernt hier durch das Abgucken bzw. Nachahmen. Gerade jetzt ist der Gassi-Service daher für Welpen und Junghunde sehr wertvoll.

 

So läuft es ab

Natürlich erfordern Welpen und Junghunde deutlich mehr Aufmerksamkeit als die älteren Hunde. Aber ich mache die Arbeit sehr gerne, da ich sie für sehr wertvoll halte und die Hunde hier gezielt lernen können, ohne dass sie schlechte Erfahrungen machen, da ich all meine Gassihunde sehr gut kenne und sie gut einschätzen kann.

 

Junge Hunde in der Gruppe machen uns auch sehr viel Freude. Sie bringen wieder viel Action mit, die Althunde fühlen sich auch wieder ganz jung und mobil, es entstehen schöne Freundschaften zwischen Jung und Alt und die kleinen sind so lernbegeistert. Viele Signale lernen sie so nebenher, da sie sehen wie die anderen Hunde auf mich reagieren, auf meine Rufe ankommen usw. Es macht viel Freude den kleinen Hunden einen perfekten Start ins Leben zu bereiten.

 

Man kann daher auch einen Welpen unbesorgt auf einer Gassirunde von 1,5 Stunden mitnehmen. Wichtig ist, dass Aktions- und Ruhephasen ausgewogen sind. Gerade mit jungen Hunden laufe ich bewusst weniger Strecke und biete mehr Zeit zum Erkunden und Ausruhen.

 

Da jeder Ausflug für die jungen Hunde aufregend und intensiv ist, gibt es immer genug Ruhepausen, wo sie lernen, dass jetzt mal nichts passiert und wir alle einfach innehalten. Je nach Größe der Welpen trage ich sie auch gerne eine Weile. 

 

 

Ich finde es toll, wenn ich die Entwicklung der Kleinen verfolgen und leiten darf, da dies eine anspruchsvolle und wertvolle Aufgabe ist, die mich als Trainerin auch immer wieder fasziniert. Es macht unglaublich viel Spaß und mir ist es wichtig, dass die Hunde bei uns gute Erfahrungen machen und neben Spiel und Spaß auch noch wichtige Dinge fürs Hundeleben lernen können.

 

Sie sammeln während der Betreuung in sehr natürlichen, sich einfach im Kontakt mit der Umwelt ergebenden Situationen wichtige Erfahrungen. Und so bietet der Gassi-Service eine sehr schöne Möglichkeit, Welpen und Junghunden einen tollen Start ins Hundeleben zu bereiten, auch wenn die Hundeschulen derzeit nicht in ihrem vollen Umfang arbeiten dürfen. 

 

Hast du Fragen?

Wenn du gerade einen (jungen) Hund bei dir aufgenommen hast und Fragen zur Sozialisierung oder dem Gassi-Service hast, schreib mir einfach. 
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Deine Nicole 🐾

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