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Mantrailing als Therapieansatz

Wer mich kennt und meinem Pfoten-Blog folgt, weiß sicher, dass ich Mantrailing einfach über alles liebe. Es ist so eine wundervolle Beschäftigung für die Hunde und ich finde es immer wieder spannend wie sich die Teams entwickeln. Mantrailing ist jedoch nicht nur eine Beschäftigung, sondern kann auch in der Verhaltenstherapie sehr wertvoll sein.

Hunde mit Ängsten & Misstrauen

Manche Hunde haben vor allem und jedem Angst, zeigen Misstrauen oder sogar offene Ablehnung. Andere fühlen sich in der Umgebung unsicher und scannen laufend das Umfeld, wodurch sie kaum ansprechbar sind. Fremde Menschen zu suchen bzw. ihnen zu vertrauen, ist für diese Hunde daher anfangs kaum möglich.

 

Deshalb arbeiten wir uns Schritt für Schritt voran. Schauen, dass es dem Hund gut geht und dass wir ihn nicht in Konflikt bringen. Manchmal ist es wichtig, mit sehr kurzen Suchstrecken zu beginnen. Andere Hunde bekommen die Belohnung für eine erfolgreiche Suche nicht von der gesuchten Person ("Opfer" genannt) selbst, sondern wir platzieren die Belohnung ein gutes Stück vor dem Opfer, sodass der Hund nicht gezwungen ist, sich der Person (vor der er Angst hat) direkt anzunähern. So entstehen Erfolgsmomente und positive Verknüpfungen, die den Hund motivieren! Und mit der Zeit sind dann auch Annäherungen oder längere Trailstrecken gar kein Problem mehr!

Irgendwann können sogar andere Opfer eingesetzt werden und der Hund lernt hierbei, dass fremden Menschen toll sind und in ihrer Nähe Gutes passiert.

Nicht von heute auf morgen

Natürlich braucht diese Entwicklung Zeit und wir möchten den Hund mit ganz viel Behutsamkeit unterstützen.

 

Dennoch ist es für mich eine der allerschönsten Geschichten, wenn die Hunde dann irgendwann so weit sind, dass sie mit viel Eifer trailen sind, im Auto schon vor Freude fiepen und ihre Ängste für die Trainingszeit ausblenden können - nach und nach werden die Ängste dann auch im Alltag immer geringer.

Damit das möglich wird, passen wir das Training an die Bedürfnissen der Hunde an: trailen erst mal an ruhigen Orten und weiten nach und nach unsere Suchgebiete aus.

 

Die Hunde nehmen dabei andere Menschen, andere Hunde, Umweltgeräusche wie Autos, spielende Kinder, Baustellenlärm usw. usf. wahr, reagieren aber nicht mehr panisch da sie eine Fokussierung ihrer Aufgabe haben.

 

Sie blenden diese Geräusche nicht aus, aber sie lernen damit umzugehen, werden mutiger und wachsen immer wieder über sich hinaus. Oftmals dauert der Prozess länger und das kommuniziere ich ganz ehrlich - aber wenn man dran bleibt und vor allem regelmäßig übt, erzielt man wundervolle Momente und erstaunlich positive Entwicklungen! Es braucht einfach Zeit.

Echte Fälle

Ich habe aktuell eine Hündin vor Augen, die seit gut 2 Jahren zu mir kommt und das regelmäßig. Sie hatte damals Panik vor allem und trailen war nicht wirklich möglich.

 

Die Halter sind dran geblieben, gaben ihr viel Zeit, haben sie gut unterstützt und heute trailt die Hündin als hätte sie nie was anderes getan. Sie ist mit voller Begeisterung dabei und bewegt sich selbstsicher und konzentriert durch ihr Umfeld. Diese Entwicklung zu sehen und begleiten zu dürfen, macht mich sehr stolz. Natürlich ist uns bewusst, dass sie immer viel Unterstützung und Hilfe im Alltag braucht aber das, was sie heute zeigt, hätten wir alle nicht in dieser Form erwartet und die Besitzer berichten, dass im Alltag auch einiges leichter für sie geworden ist.

 

Für mein Herz ist das einfach das Größte und ich freue mich, wenn Menschen dabei bleiben auch wenn es sich anfänglich als schwierig erweist.

Weitere Möglichkeiten beim Mantrailing

Ihr kennt sicher alle das Problem, dass euer Hund bei anderen Hunden immer aufgeregt ist, dass er z.B. hin möchte oder dass er sogar eine Leinenaggression zeigt, unsicher mit anderen Hunden ist usw.

Mein Mantrailing ist so aufgebaut, dass unsere Gruppe gemeinsam durch den Wald zieht, kein Hund im Auto bleiben muss und die Hunde dadurch an der Umwelt teilhaben können.

 

Sprich wenn ein Team gerade beim Arbeiten ist, warten die anderen Teams darauf, dass sie dran sind. Die meisten Hunde sind aber sehr fokussiert und achten genau darauf, was das arbeitende Team macht. So wird nebenbei gelernt, dass man geduldig sein muss, dass man Frustration aushalten kann und eben ebenfalls die Umweltreize wahrnimmt.

Unverträgliche Hunde

Auch Teams mit unsicheren bzw. auch unverträglichen Hunden wird beim Mantrailing geholfen.

 

Hunde, die unverträglich sind, lernen das Mantrailing in einem  Einzelterminen kennen, damit Hund und Mensch in Ruhe den Ablauf verstehen lernen und gemeinsam erste Erfolge erleben. Nach und nach bauen wir dann das Trailen in der Gruppe ein. Manchmal finden sich auch Teams, die dasselbe Problem haben und so "nebenbei" mit den Hunden auch noch an der Aggressionsproblematik/Reaktivität arbeiten können.

 

Dann wird das Mantrailing zu einem Begegnungstraining der besonderen Art. Die Hunde haben Mantrailing bereits in ihr Herz geschlossen, arbeiten mit vollem Eifer und plötzlich ist da noch ein Hund dabei. Der Hund nimmt den anderen Hund wahr, aber durch die Fokussierung auf seine Arbeit, wird der andere Hunde geduldet.

 

Auch hier blendet der Hund den anderen Hund nicht komplett aus. Er riecht ihn, nimmt ihn war, hört ihn, sieht seine Bewegungen, seinen Urin- & Kotabsatz wird wahrgenommen und vieles vieles mehr.


Jedoch hat der Hund seine Aufgabe im Kopf und möchte einfach nur arbeiten, arbeiten und arbeiten. Auch hier gibt es natürlich auch wieder andere, die dann erst mal nicht in die Arbeit kommen können, aber deswegen halten wir immer genügend Abstand, sodass kein Hund zu nah an dem anderen ist, sich keiner unwohl fühlt und nach und nach eine Annäherung stattfinden kann aber nicht muss.

 

Es gibt sogar Hunde, die nur beim Trailen an anderen, z.B. freilaufenden Hunden einfach so vorbei laufen - obwohl das sonst im Alltag nie ging.

Eigene Erfahrung

Auch bei meinem Hund Pupi konnte ich im Verhaltensbereich durch das Mantrailing tolle Entwicklungen erkennen. Pupi war Fremden gegenüber nicht sehr aufgeschlossen (was auch rassebedingt ist) und hätte nicht aktiv ihre Nähe aufgesucht.

 

Als wir bei einer längeren Mantrailing-Trainerfortbildung waren und dort regelmäßig in der Gruppe trainierten, traute Pupi sich täglich mehr zu und bewegte sich letztendlich in der Gruppe ganz selbstverständlich zu den Personen, die er mochte. Das war nur möglich, weil er die Zeit hatte, die Situationen und Menschen zuerst durch Beobachtung kennenzulernen. Er konnte erleben, dass alles für ihn sicher ist und wurde so von Tag zu Tag entspannter bis er aktiv den Kontakt suchte.

 

Ich war total berührt zu sehen, wie schnell er Vertrauen fassen konnte und so völlig entspannt in eine Gruppe gelaufen ist. Er entschied sich bewusst dafür, ganz freiwillig und ohne Zwänge. Durch das Mantrailing (+ unterstützendes Training in Alltagssituationen) ist seine Angst vor fremden Menschen heute kaum noch relevant. 

Mantrailing = Lebensfreude

Ich bin überzeugt, dass Mantrailing Hunden so viel Lebensfreude geben kann, wenn man auf sie achtet, wenn man sie nicht bedrängt, sie schonend an Dinge heran führt und sie in ihrem Tempo lernen lässt, denn oftmals ist es die Zeit, die uns weiterbringt. Daher auch eine gute Übung für ungeduldige Menschen.

 

Meine Freude ist immer groß, wenn mir dann von Woche zu Woche ein Fortschritt im Begegnungstraining erzählt wird, wenn die Leute privat weiter daran arbeiten und wenn ich selbst sehe, wie schön die Gruppen harmonieren. Auch wenn ein neues Team dazu kommt, ist das selten zu merken und alles läuft entspannt ab.

 

Entscheidend ist, dass wir beim Mantrailing auf die Hunde achten und in ihrem Tempo vorgehen, Ansätze und Lösungen ausprobieren und immer offen sind für Veränderungen. Das bedeutet für mich als Trainerin, dass ich bei jedem Mensch-Hund-Team individuell schaue, was gerade gebraucht wird und passt. Und im Zweifelsfall auch mal meine Taktik anpasse - denn jeder Hund (und Mensch) ist anders. Mir ist wichtig, den Fokus auf die kleinen und großen Fortschritte zu legen und zu akzeptieren, dass der Hund seine Zeit braucht und der Mensch in diesem Prozess sein sicherer Hafen sein muss.

Selber ausprobieren!

Mantrailing kann dir & deinem Hund also sehr helfen. Komm gerne zu einem unserer Einsteiger-Workshops in der Gruppe oder im Einzeltermin und probiere es mit deinem Hund aus. Auch wenn du Fragen hast, melde Dich gern bei mir:
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Deine Nicole 🐾


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Kommentare: 1
  • #1

    Karin Schmidt (Samstag, 23 September 2023 20:26)

    Was Nicole zum Trailing und Gassi-Gehen schreibt, wird mir durch meinen Dackel Pablo voll bestätigt. Beides ist für ihn als unsicheren Hund genau das Richtige. Und er liebt Nicole und Annka, ja, er ist richtig verliebt. Aber das ist kein Wunder, da beide mit viel Freude bei ihrer Arbeit sind und den Hunden mit großer Zuneigung begegnen und einfühlsam und individuell auf sie eingehen. Mir als Hundehalterin hat Nicole zudem auch noch einen anderen Blick auf meinen Hund ermöglicht. Pablo und ich sind seit 1,5 Jahren überzeugte Fans!